Rezensionen

Leseeindruck: Der Report der Magd

Der Report der Magd
Margaret Atwood
Piper Verlag
416 Seiten

Danke an Netgalley und den Piper Verlag für das Rezensionsexemplar – meine Meinung wurde dadurch nicht beeinflusst.

Ich muss zugeben, ich fühle mich wie ein Banause. Man hört so viele begeisterte Stimmen, alle feiern dieses Buch als Dystopie, die man unbedingt gelesen haben sollte, als Warnung, was passieren kann.

Vielleicht ist auch das mein Problem: ich habe vermutlich zu viel erwartet.

Da Rahel sah, dass sie dem Jakob kein Kind gebar, beneidet sie ihre Schwester und sprach zu Jakob: Schaffe mir Kinder;wo nicht, so sterbe ich.

Jakob aber ward sehr zornig auf Rahel und sprach: Bin ich doch nicht Gott, der dir deines Leibes Frucht nicht geben will.

Sie aber sprach: Siehe, da ist meine Magd Bilha: Gehe zu ihr, dass sie auf meinem Schoß gebäre und ich doch auf sie aufgebaut werde.

1. Moses 30, 1-3

Auf diesem biblischen Zitat beruht die Geschichte und die Struktur des in der Zukunft geschaffenen Landes Gilead. Frauen werden eingeteilt: Es gibt Ehefrauen, die oftmals aber das hochrangige Ziel Kinder zu gebären nicht erfüllen können. Dafür haben sie Mägde, die quasi die Gebärmutter ebendieser Frauen darstellen, Martha’s, die keine Kinder mehr bekommen könnenaaber den Haushalt leiten und noch Tanten, die diese biblische Einstellung voll ausleben und die Erziehung der Mägde übernehmen und zu guter Letzt noch Unfrauen, mehr oder weniger Verstoßene.

Die Idee dahinter – genial. Ebenso wie die Darstellung der verschiedenen Positionen und der Verflechtungen untereinander.

Der Rest: langweilig bis stark gewöhnungsbedürftig, für mich jedenfalls.

Woran man sich als Erstes bei diesem Buch gewöhnen muss: der Schreibstil, der nichts für einfach mal so nebenbei ist. Einerseits kurz und knackig, sodass man überlegt ob was fehlt, dann wieder teilweise extrem ausschweifend, insgesamt aber nichts, was sich locker und flüssig lesen lässt. Man muss aber sagen, dass er wirklich gut zum Buch und der Thematik an sich passt. Es hat gedauert, bis ich mich daran gewöhnt habe, dann fand ich es gut eingesetzt – was aber nicht bedeutet, dass es mir gut gefallen hat.

Die Geschichte findet auf mehreren Zeitebenen statt. Desfreds (Frauen haben keinen “normalen” Namen mehr sondern werden nach ihrem Herren benannt) Leben jetzt, ihr “normales” Leben vor allem und die Zeit der Eingewöhnung, der Gehirnwäsche. Anfangs fiel es mir schwer, weil es alles teilweise nahtlos ineinander über geht. Sie springt in ihren Erzählungen, teilweise sogar mitten im Satz.

Das liebste Stilmittel der Autorin: Monotonie. Seitenlang passiert nicht wirklich was – denn es passiert ja auch nichts. Bis auf Einkäufe und den monatlichen Versuch ein Kind zu Zeugen hat die Magd keine Aufgaben. Und so geht sie Ihren Gedanken nach.

Hinzu kommt dann immer ein Ausreißer in die Vergangenheit, ausgelöst durch irgendetwas und der Eindruck, dass Desfred in ihrer aussichtslosen Lage immer mehr dem Wahnsinn verfällt:

“Ich habe das erfunden. So ist es nicht gewesen. Es war so: (…)” (S. 350)

Okay, irgendwie eine lässige Idee, aber nachdem ich schon in der vorherigen Passage vor Langeweile schier eingeschlafen bin, dachte ich oftmals nur Och nö, nicht nochmal…

Es dauert ziemlich lang, bis noch andere Dinge passieren – und ich hatte die Hoffnung, dass mehr Spannung aufkommt. Aber leider hat auch das den anstrengenden und gelangweilt anmutenden Schreibstil und mich nur kurzweilig bis so gar nicht gepackt.

Was mich allerdings viel mehr als alles andere gestört hat, ist, dass man kaum etwas über die Vergangenheit, wie konnte es wirklich dazu kommen, erfährt. Das Militär übernimmt alles, auf einmal haben Frauen keine Rechte mehr und es gibt ein paar kleinere Demonstrationen. Mehr nicht. Auch unsere Protagonistin hält sich da sehr bedeckt, sie will ja an ihre Familie denken.

Dieses Szenario ist mir nicht erklärend genug und zu einfach dargestellt. Ist halt so.

Ich hadere sehr mit dem Buch: Ich will definitiv nicht bestreiten, dass es viele gute Ansätze hat. Die Gesellschaftskritik ist etwas, das man aufgreifen kann und sollte, dass man für seine Rechte und Meinung aufstehen muss, und der Extremismus, der ja auch in unserer heutigen Zeit immer stärker wird.

Das Buch bietet wahnsinnig viele Ansätze zur Diskussion – aber was es mir persönlich leider gar nicht bot: Unterhaltung.

Für mich war es ein kleiner Kampf, dieses Buch zu lesen und leider war ich teilweise auch echt genervt.

Zurück zum Anfang: Ich bin ein Banause. Ich kann dieses künstlerische Werk nicht wirklich schätzen. Ich mag Dystopien, ich mag es, wenn Bücher warnen und kritisieren. Aber ich möchte dabei auch unterhalten werden, auf “moderne” Art und Weise, deshalb kann ich das Buch leider nur eingeschränkt empfehlen.

Das Buch

Die provozierende Vision eines totalitären Staats, in dem Frauen keine Rechte haben: Die Magd Desfred besitzt etwas, was ihr alle Machthaber, Wächter und Spione nicht nehmen können, nämlich ihre Hoffnung auf ein Entkommen, auf Liebe, auf Leben … Margaret Atwoods »Report der Magd« ist ein beunruhigendes und vielschichtiges Meisterwerk, das längst zum Kultbuch avanciert ist.

Quelle: Piper Verlag

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